Golden leuchten die Zwiebeln in der Sonne, die das Mütterchen am Wegesrand mit einer einladenden Geste Fremden feilbietet. Warum nicht einen schön gebundenen Zopf als Erinnerung mitnehmen? Ja gern, doch wie teuer ist so ein kunstvolles Gebilde? Preisschilder gibt es nicht und Nachfragen auf Englisch werden mit einem verständnislosen Blick kommentiert. Bis sich versprengte Russischvokabeln aus Schulzeiten zu einem kurzen Satz verbünden: „Skolkostoit?“

Da strahlt das Mütterchen sofort übers ganze Gesicht, sucht ihre Prachtexemplare heraus, fragt, woher der Gast denn käme und erbittet, je nach Größe, drei oder fünf Euro.

Die alte Dame gehört zu den sogenannten Zwiebelrussen. Sie leben zu Tausenden seit Mitte des 17. Jahrhunderts in kilometerlangen Straßendörfern am Westufer des Peipussees. Wer direkt am Wasser wohnt, betreibt meistens Fischfang. Schließlich ist der „Peipsi“, wie die Esten sagen, der fischreichste See Europas. Die Gehöfte jenseits der Straße jedoch bauen traditionell Gemüse an. Neben den Zwiebeln, die bei ihnen besonders süß und gesund geraten, auch Gurken, Knoblauch, Kürbisse, Paprika, Tomaten, Kartoffeln und viele Kräuter.

Die Zwiebelrussen sind Altgläubige, keine Orthodoxen. Sie kamen 1653 bis 1656 als russische Glaubensflüchtlinge aus der Gegend um Nowgorod und Pskow, als ihre Bärte, Merkmal ihrer konservativen Haltung, besteuert werden sollten. An ihren festen und mitunter sogar sehr strengen Lebensregeln hat sich in den vergangenen Jahrhunderten kaum etwas geändert. Es ist eine Frage des Respekts, im Dorf nicht zu rauchen und als weiblicher Gast den Altgläubigen nicht ohne Kopftuch zu begegnen. Besonders die Mädchen wurden sehr streng erzogen. Sie durften weder laut sprechen noch schnell laufen und hatten unterwürfiger als die Jungen zu sein. In den Haushalten der etwa 15 000 Altgläubigen .

 

Erschienen in der FF.Dabei am xxxx

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Zwiebelrussen am Peipussee (FF.dabei)

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