Wer gute Fernsehfilme liebt, kennt den jungen Schauspieler Max Hegewald spätestens seit seinem intensiven Spiel in „Mauerschütze“ und „Keine Angst“.
„Sein klares Spiel, seine unverbrauchte Art und die außergewöhnliche Präsenz ließen die Geschichte so glaubhaft wirken, so echt und so berührend – und … brachte die Gewissheit, dass hier jemand auftrat, der am Anfang einer ganz großen Karriere steht“, jubelte die Jury der Goldenen Kamera über Max Hegewalds Schauspielkunst in Aelrun Goettes aufwühlendem Sozialdrama „Keine Angst“ und ehrte ihn mit dem „Lilli Palmer & Curd Jürgens-Gedächtnispreis“.

Mit diesen Elogen hatte die Jury vor über zwei Jahren dem heute 22jährigen zwar einen großen Erwartungsdruck mitgegeben, aber durchaus den rechten Riecher bewiesen. „Trotzdem konnte ich den ganzen Rummel mit Abstand betrachten, denn ich war gerade von der Filmwelt meilenweit entfernt. Und zwar im wahrsten Sinne des Wortes.“ Nach dem Abitur ging Max Hegewald für ein freiwilliges soziales Jahr nach Afrika, arbeitete in einem Kinderheim und findet noch immer, „ich habe viel mehr von den Kindern und übers Leben gelernt, als selbst eine große Hilfe zu sein. Vor allem dieser krasse Gegensatz gab mir zu denken. An einem Tag aß ich noch mit ihnen gemeinsam Maisbrei, am nächsten Tag wurde ich bei der Preisverleihung, zu der ich unter dem Vorwand eines wichtigen Castings eingeflogen worden war, von Menschen mit Häppchen und Sekt umringt. Es war schlicht unwirklich.“ Natürlich ist Max Hegewald nach Afrika zurückgekehrt und beendete seinen Einsatz wie geplant. Nicht nur das. Er flog später erneut hin und bemüht sich ständig, Geld für das Heim und dessen Projekte zu sammeln.

In einer Künstlerfamilie voller Kreativität, Neugier und Offenheit mitten in Prenzlauer Berg groß zu werden, machte Max Hegewald vieles leicht. Seine Eltern, beide Maler, und seine Schwester, die Fotografin, unterstützten jeglichen kreativen Impuls. Eine Schauspielschule hat Max Hegewald allerdings nicht besucht. „Das war kein Entschluss, eher ein Ergebnis“, gibt er mit entwaffnender Ehrlichkeit zu. „Ich bin einfach kein Prüfungsmensch. Wenn ich mich trotzdem zu Aufnahmeprüfungen getraut habe, bin ich glatt durchgerauscht.“ Auf der Bühne oder vor der Kamera hingegen befällt ihn diese Prüfungsangst nicht. Da weiß er sich guter Zusammenarbeit und Wertschätzung sicher, „sonst wäre ich wohl kaum engagiert worden.“ Wie vom Theaterregisseur Jan Koslowski, der seit den gemeinsamen Jahren im Jugendtheater „P 14“ an der Berliner Volksbühne bereits mehrere Stücke mit Max inszeniert hat und immer wieder fasziniert von dessen Ernsthaftigkeit ist: „Der Erfolg ist Max nicht zu Kopf gestiegen, schließlich hat er ihn durch Disziplin und harte Arbeit erreicht. Weil er so jung erscheint, wird er oft falsch eingeordnet. Er wirkt nicht nur vor der Kamera stark, auch auf der Bühne entfaltet er eine große Kraft. Doch immer mit dieser besonderen empfindsamen Note, mit der er eine Figur psychologisch ausfüllt.“ Sich von seiner Bühnenpräsenz zu überzeugen gibt es im Herbst wieder Gelegenheit, wenn „Kevin allein im Universum“ im 3. Stock der Berliner Volksbühne aufgeführt wird und Max Hegewald nicht nur seine akrobatische, sondern endlich auch komische Seite zeigt und sogar als temperamentvoller Klavierspieler durchgeht.

Im November 2013 strahlt der NDR „Arnes Nachlass“ aus, die für Max wichtigste Filmarbeit der vergangenen zwei Jahre. Die Verfilmung des Romans von Siegfried Lenz zeigt den jungen Schauspieler als Hamburger Reederssohn, eine tieftraurige Figur zwischen Abgrund und Naivität. Regisseur Thorsten Schmidt machte daraus einen Film, „der sich auf Arne und seine Sehnsüchte konzentriert, der sehr bewegend ist und durch das Schicksal des Jungen einen regelrechten Sog entwickelt“, wie Schmidt sagt. Denn der hoch verschuldete Vater war freiwillig in den Tod gegangen und nahm seine Familie mit. Nur der sechzehnjährige Arne überlebt durch Zufall. Er wird zwar von einem Freund seines Vaters, gespielt von Jan Fedder, aufgenommen, passt aber trotzdem fortan nicht mehr in die Welt.

Auch im ZDF-Film „Wenn es am schönsten ist“ spielt er einen von der Familie gebeutelten Sohn und selbst seine Rolle im Kinofilm „Scherbenpark“, der ebenfalls im Herbst 2013 startete, ist nicht ganz frei davon.

Max Hegewald schätzt Figuren, die er tief ausloten muss, liebt es, sich mit verschiedenen Themen auseinanderzusetzen, Menschen kennenzulernen und in fremde Welten einzutauchen. „Das ist nicht nur ein spannender Prozess, sondern auch eine großartige Weiterbildung. Ich gehe mit der Figur ein Verhältnis, oft auch eine Freundschaft ein, und die hinterlässt Spuren, die durchaus stärker machen.“ Nie nimmt er eine Rolle an, wenn ihm nicht genug Zeit zur Vorbereitung bleibt. Die dauert besonders lange bei solchen Figuren wie dem krebskranken Teenager in „Der Mauerschütze“, für die er sich unter anderem mit vielen jungen Krebspatienten in der Kinder-Onkologie an der Berliner Charité unterhielt.

Trotzdem sehnt er sich danach, endlich einmal in einer Komödie alle Register ziehen zu dürfen. Da aber Stoffe, die nicht gleich als Klamauk enden, eher rar gesät sind, wird er wohl selbst für sich sorgen müssen: ab diesem Herbst studiert Max Hegewald an der Hochschule für Film und Fernsehen in Babelsberg Drehbuch. Doch uneitel wie er ist, gibt er zu, dass er sich zwar auf das Studium freut und es ihn ganz bestimmt herausfordern wird, aber dass es doch nur zweite Wahl ist. Genauso wie er Aufnahmeprüfungen an der Schauspielschule nicht bestand, wurde er auch dreimal für ein Regie-Studium abgelehnt. Er sieht das aber ganz gelassen, denn er hat nun mal neben der Schauspielerei auch große Lust, über Filme Geschichten zu erzählen. Und so hat er für seine künftigen Drehbücher schon ziemlich genaue Vorstellungen. Er liebt das Tragikomische an Andreas Dresens Filmen und möchte auf seine Art den schwachen Bestand an deutschen „Dramödien“ stärken helfen. Will Geschichten erzählen, die berühren, die menschlich sind und über die man trotzdem lachen kann.

Dieser Wunsch resultiert vermutlich auch daraus, dass er bisher meistens ziemlich schwere und oft bedrückende Filmrollen bewältigen musste. Und doch kann er es nicht lassen: Wie sonst käme ein erfolgreicher und obendrein gut aussehender junger Mann auf die Idee, wenngleich inspiriert durch einen Zeitungsbeitrag, einen eigenen Film über drei junge Mädchen zu drehen, die sich im Wald das Leben nehmen wollen? Die Antwort heißt „Schnee essen“ und ist bald auf Festivals zu besichtigen.

Max Hegewald

Von 2005 bis 2007 gehörte er zur „P14 Jugendtheatergruppe“ an der Berliner Volksbühne.

Von 2005 bis 2008 nahm er Schauspielunterricht bei Gabriela Zorn.

2007 stand er für „Der Fall des Jochen B.” der „Rosa Roth“-Reihe vor der Kamera.

2008 war er Bente in „Keine Angst“.

2009 spielte er im Berliner Ballhaus Ost in dem Kammerspiel “Sarah Sani darf nicht sterben“.

2010 war Max Hegewald Autor, Produzent und Regisseur des Kinofilms „Goldfische fliegen nicht“.

2011 „Goldene Kamera – Lilli Palmer & Curd Jürgens-Gedächtnispreis“. Der TV-Film „Keine Angst“ (WDR/ARD, Regie: Aelrun Goette), in dem er die männliche Hauptrolle spielt, erhielt den Grimme-Preis 2010.

2011 „Mauerschütze“ (arte, ARD)

2012 „Weißensee“, 2. Staffel

2013: Rollen im MDR-Polizeiruf „Der verlorene Sohn“, „Arnes Vermächtnis“ (ARD), „Wenn es am schönsten ist“ (ZDF), im Kinofilm „Scherbengericht“ sowie Buch und Regie für den Kurzfilm „Schnee essen“.

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