Fischer Fritzes Enkel

 

Es gibt nichts Schöneres als am frühen Morgen auf den See zu fahren und seinem Handwerk nachzugehen, schwärmen die Fischer des Mecklenburger Welshofes. Auch immer mehr Touristen versuchen ihr Angelglück oder genießen zumindest frischen, vor Ort gefangenen Fisch.

„Gespicktes Hechtsteak, bitte!” Dazu gibt’s Speck-Sahne-Soße und Salzkartoffeln. Das muss ja schmecken, schließlich war das Großvater Fritz Schliemanns Leibgericht und hält sich seitdem im Familienkochbuch, aus dem es etliches auf die Speisekarte des Restaurants „Zum Fischer Fritz“ geschafft hat. Wie auch saurer Aal in Aspik mit deftigen Bratkartoffeln, dem Oma Henny äußerst zugeneigt war. Der 1893 geborene Großvater war Gründer und langjähriger Betreiber der Fischerei „Welshof“ in Faulenrost, nördlich der Müritz gelegen. Heinz aus der nächsten Generation bevorzugt übrigens Aal gekocht in Dillsoße, was aber seinen Sohn Torsten nicht davon abhält, auch den gespickten Hecht zu favorisieren.

Torsten Schliemann hat den Welshof 1992 von seinen Eltern übernommen und bewirtschaftet seitdem mit seiner Familie knapp 400 Hektar Wasserfläche. Das ist wenig für eine Fischerei, die meisten in Mecklenburg besitzen mehr. Der Fang von jährlich einigen Tonnen wird hauptsächlich vor Ort vermarktet, lediglich ein Verkaufsmobil zieht auch über Märkte.

Dass dennoch bis zu 30 000 Gäste jährlich den Welshof besuchen, liegt an legendären Festen – das nächste große Fischerfest startet übrigens am ersten Juniwochenende, dem täglich geöffneten Hofladen und der prächtigen, unübersehbaren Gaststätte an der L 202, die seit 2003 alle Vorbeifahrenden auf die 740-Seelen-Gemeinde und ihre Fischerei aufmerksam macht.

Gleich dahinter windet sich die Ostpeene durch das nach ihr benannte Naturschutzgebiet. Die Peene als Amazonas des Nordens zu bezeichnen, wie es seit ein paar Jahren gewieften Marketingstrategen glatt von der Zunge geht, ist schon etwas verwegen. Zu friedlich und gemächlich fließt sie dahin. Aber was den Fischreichtum betrifft, kann sie mit dem großen Bruder fast mithalten. Und was die sieben zum Hof gehörenden Kilometer Ostpeene nicht hergeben wollen, wird im Rittermannshäger See, dem Großen und Kleinen Varchentiner See oder im Welshofteich gefischt: Aale, Hechte, Schleie, Barsche, Karpfen, Zander und natürlich auch Welse. Für einen stets reichhaltigen Fischbestand sorgt in jedem Frühjahr ein neuer Besatz, unter anderem mit Aalen und Karpfen.

Die Gewässer rund um Faulenrost versorgen nicht nur die Küche des „Fischer Fritz“ mit frischem Nachschub, sondern sind auch ein einzigartiges Anglerparadies. Zumindest für diejenigen, die sich im Welshof niedergelassen, ein Boot gemietet und eine Angelkarte besorgt haben. Die gefangenen Fische können gleich vor Ort gesäubert und eingefroren oder vom Räuchermeister aufs köstlichste veredelt werden.

Solche Freizeitvergnügen offerieren viele Fischer der Gegend. Vor allem in der Nebensaison und an den Wochenenden reisen immer mehr Angler aus ganz Deutschlands und dem Ausland nach Mecklenburg-Vorpommern zum Hochseeangeln oder an die mehr als zweitausend Seen und Flüsse.

Rund 220 Unternehmen haben sich neben ihrem eigentlichen Gewerbe dem Angeltourismus verschrieben. Im vergangenen Jahr nutzten bereits 95.000 Urlauber einen Touristenfischereischein und stellten damit einen Rekord auf. Erhältlich ist das Papier bei Ordnungsämtern sowie den angeltouristischen Anbietern und kann neuerdings auch mehrmals verlängert werden.

Fällt der eigene Fang doch mal zu mickrig aus, um damit die mitgereiste Familie zu sättigen, helfen glücklicherweise viele Fischerhöfe aus der Patsche, die in ihren Gaststätten frischen Fisch nach traditionellen Rezepten des Hauses anbieten. Wer selbst trotz üppiger Portionen davon nicht genug bekommen kann, ist am ersten Septemberwochenende im „Welshof“ genau richtig. Dann findet wie schon seit Jahren das große „Fisch satt“-Fest statt, bei dem drei Tage lang nach Herzenslust geschlemmt werden darf: Aal, Hecht, Forelle, Wels und Zander – gebraten, gekocht, gedünstet, geräuchert oder sauer eingelegt. Für viele ist dieses gigantische Festmahl der kulinarische Höhepunkt des Jahres, weshalb der Chef zu rechtzeitiger Reservierung rät.

Sind Torsten Schliemanns Gäste satt und zufrieden, schickt er sie gern auf Entdeckungsreise in die schöne Umgebung mit ihren zahlreichen Sehenswürdigkeiten, die angeführt werden vom Schloss Basedow nebst Lenné-Park und beeindruckendem Dorfensemble sowie den tausendjährigen Ivenacker Eichen, die in einem schönen, großen und fast verwunschenem Park zu besichtigen sind und wo der Streifzug wie selbstverständlich von Hirschen und Rehen begleitet wird.

Gutshaus Basedow

Ausflugstipp von Torsten Schliemann: Schloss Basedow

Sollte der Hausherr aber mal nicht da sein, dann leistet er sich wohl gemeinsam mit Frau Kerstin, der Köchin des „Fritzen“, einen seiner seltenen Urlaube. Manchmal fährt er auch ganz allein zum Hochseeangeln nach Norwegen. Nicht nur, weil es „doch was anderes ist, mal einen riesigen Dorsch oder Heilbutt zu fangen“, sondern auch, weil ihn die zunehmende Büroarbeit viel zu häufig vom Wasser fern hält und er das Fischen Bruder Heiko überlassen muss. Doch auch bei Abwesenheit braucht kein Gast auf eine unterhaltsame Führung über den Welshof mit seinen Gewässern oder ein schmackhaftes Essen verzichten: Mit Sohn Philipp ist längst die vierte Schliemann-Generation angetreten, Mecklenburgs erste Erbhoffischerei als gelernter Fischer und gelernter Koch erfolgreich weiterzuführen.

Hanne Walter

Info

Welshof Schliemann

Dorfstraße 3, 17139 Faulenrost

Tel. (039951)2135

www.welshof.de

www.mueritzfischer.de

www.angeln-in-mv.de

Die Broschüre „Angelparadies Mecklenburg- Vorpommern“ mit allen wichtigen Informationen rund um Hering, Hecht und Co. kann unter www.auf-nach-mv.de heruntergeladen werden.

Erschienen 2013 in FF.dabei

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